Kaufbrief über die „Judenschul“ zu Leutershausen vom 18. Mai 1781
(Gemeindearchiv Hirschberg Abt. Leutershausen B 47 Nr. 165)
Vorbemerkung
Als Vertreter der „bölischen Kinder“, die Kinder der Jüdin Bela geb. Lazarus zu Leutershausen, verkaufte der Mannheimer Landrabbiner Hirsch Moyses die in der „bölischen Wohnbehausung“ [Anwesen Hauptsraße 1] befindliche „Judenschul“ an die jüdische Gemeinde, die „Judenschaft“ zu Leutershausen. Der Kaufpreis betrug 130 Gulden in bar nebst einem „Trinkgeld“ von zwei großen französischen Talern. Die Verkäufer, ihre Erben und Nachfolger waren bis in Ewigkeit verpflichtet, alle denkbaren Lasten und Auflagen auf die Wohnbehausung zu übernehmen und die „Schul“ davon frei zu halten., das Dachwerk auf ihre Kosten zu unterhalten und den ungestörten Eingang in die „Schul“ zu gewährleisten.
Der das Rechtsgeschäft beurkundende Kaufbrief ist datiert Leutershausen, 18. Mai 1781. Auf Ersuchen der Verkäufer ist er unterschrieben von Schultheiß, vier Gerichtsmännern und dem Gerichtschreiber; zusätzlich ist der Brief beglaubigt durch das aufgedrückte gedeckte Leutershausener Gerichtssiegel [Siegelstempel von 1622].
Zu Papier gebracht hat den Brief der langjährige Leutershausener Gerichtschreiber und zugleich katholischer Schullehrer Benedikt Holzmann (* ca. 1720 + 3. August 1788).
Wortlaut der Urkunde
Kund, offenbahr und zu wissen seye hiemit Jedermänniglich, besonders denen es zu wissen von
Nöthen, wie das ich, Judt Hirsch, N: dermahlig verordneter Kurpfältzischer Land Rabiner zu Mannheim mit Genehmigung
und Gutheißung der Orts Obrigkeit, im Nahmen deren Bölischen Kinderen in dem Hochgräflich von Wiserischen Ort Leutershaußen zu deren besseren Nutzen
willen für sie, dero Erben und Nachkommen in Krafft dieses Briefs, daß wir auf recht und redtlichen verkaufft und zu kaufen gegeben haben, wir ver-
kaufen auch und geben zu kaufen in der allerbest und beständigsten Form, Maas und Weis, wie ein recht beständiger Kauf nach Kurpfaltz Landtrechten und
dies Orts hergebrachter Gerechtigkeiten gemäß, am allerkräfftigsten immer geschehen soll, kann oder mag ; ahn die gantze Judenschafft in ersagtem
Leutershaußen, die in unserer Bölischen Wohnbehausung befindtlichen Judenschuhl sowohl vor das männlich als weiblichen Geschlechts nebst einem
darinnen sich befindenten kleinen Kämmerlein, wie sie solche zu ihrer bis [durchgestrichen] Schul bis dahero innen gehabt, mit allem Recht und Gerechtigkeiten, nichts davon
ausgenommen , zu einer immer andaurenden Judenschuhl, vor und umb ein hundert dreyßig , sage 130 fl [Gulden] baares Geld, nebst diesem annoch zwey große
französische Thaler zum Trinckgeld guter, genehmer, gangbahrer landtsübliche Wehrung, jeden Guldten zu 15 Batzen oder 60 xr [Kreuzer] gerechnet, welcher Kauffschilling
deren 130 fl nebst ersagtem Trinckgeldt, uns Verkäuferen, von ermeldter Judenschafft, auch annoch vor Aushändigung dieses Briefs zu unseren sicheren Händten
baar überzehlet und dargeschossen worden, thun derowegen sie kaufende Judenschafft über den richtigen Empfang, nächst Verzeihung der rechtlichen
Exception non numeratae pecuniae [Ausnahme nicht baren Geldes] hiemit in bester Form rechtens quittiren, loß und ledig zehlen ; wir haben aber auch ihnen Käuferen der
Judenschafft diese unsere Schuhl in unserer Wohnbehaußung dergestalten zu kaufen gegeben, daß wir uns hierdurch verbindten und angeloben, auch
alle unsere Erben und Nachfolgere dieser unserer Wohnbehausung verbunden und gehalten seyn sollen, von nun an bis in Ewigkeit diese ihnen verkaufte
Schuhl auf unsere alleinige Kösten in dem Dachwerck gut und wohl trockener zu unterhalten, wie auch den Eingang in diese Schuhl, wie solcher bis dahero
beschehen, üblich und gebräuchlich ware, keinesweegs in etwas zu stöhren, noch zu veränderen, sondern sie jederzeit hiebey ohngeänderet und ohngestöhrten
zu belassen, wie nicht weniger auch verbinden wir uns Verkäufere und unsere Nachfolgere, alle herrschafftliche onera, Beschwehrnußen und Auflagen,
wie die nur immer Nahmen haben, auf uns oder vielmehr unsere Wohnbehaußung zu nehmen und die Schuhl dessen gantz frey gehalten seyn solle,
in summa der Judenschafft diese Schuhl gantz frey, ledig und eigen, ohnversetzet und ohnverpfändet verkauffet haben, alles getreulich, ohne alle Gefährde
und Arglist — dessen zu wahrer Urkundt und mehrerer Bekräfftigung haben wir Verkäuffere den Herrn Schultheis und ein ehrsames Gericht
zu Leutershaußen der Gebühr nach ersucht und gebetten, diesen unseren Kaufbrieff nicht allein mit deren eigenen Handunterschrifften, sonderen
auch mit Auftruckung des gewöhnlichen Gerichtsinsiegel zu corroporiren [corroborieren = beglaubigen] und zu bevestigen, welches wir auch beschehener Bitt halben gern
gethan zu haben hiemit bekennen, jedoch uns und dem Insiegel in allweeg ohne Schaden und Nachtheil. Geschehen Leutershaußen, den 18ten Maij 1781
Adam Wetzel, Schulteiß
Nickolaus Pfrang des Gerichts
Joh. Jacob Hauck des Gerichts
Frantz Brandt des Gerichts
Conradt Pfisterer des Gerichts alle [allda]
B. Holtzmann
Gerichtschrbr [-schreiber]
Dorsalnotiz (Rückseite)
Wortlaut der Notiz
Kaufbrieff
über die allhiesige Judtenschuhl,
welche die Judenschafft von denen
Bölischen Kinderen an sich erkaufet
Pro 130 fl [Gulden]
Ein Streit in der Judenschul zu Leutershausen anno 1782
(Archiv der Grafen Wiser, Beilagen Amts- und Kellreirechnung für 1782)
An einem Sabbat im Juli 1782 kam es in der „Schul“ zu einer Auseinandersetzung zwischen zwei Frauen, die sich „der Ständen halber“ stritten. Der Vorsteher der Gemeinde, Schmai Isaac, versuchte zu vermitteln. Dabei bedrohte ihn der Schutzjude Löser Löb mit Worten. Der Vorsteher erhob deshalb Klage beim gräflich wiser’schen Amt.
Dort kam die Klage tatsächlich zur Verhandlung; hierbei wurden Zeugen gehört, unter ihnen der Vorsinger Hayum. Der Spruch des als Richter fungierenden Amtmannes verurteilte den Löser Löb zur Abbitte und einer Ehrenerklärung gegenüber dem Vorsteher sowie zur Entrichtung einer Geldstrafe von 1 ½ Gulden.
Der Arbeitskreis dankt Rainer Gutjahr für das Material auf dieser Webseite.