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Jüdische Festtage: Vom Neujahrsfest und Versöhnungstag

Bei der feierlichen Eröffnung der Synagoge als „Haus der Kultur und Begegnung“ hatte der damalige Landrat Dr. Jürgen Schütz ein originelles Geschenk für die Gemeinde Hirschberg mitgebracht: Ein Schofar oder Widderhorn. Das war im November 2001. Unter den Festgästen saßen auch Nachkommen der jüdischen Familie Straßburger, die aus den USA angereist waren. Als der Landrat sein Gastgeschenk, das Schofar-Horn in die Höhe hielt, sprang der pfiffige Garry Straßburger spontan auf und bot sich an, das Widderhorn sachkundig zu blasen. Und es ertönte! Er erntete herzlichen Beifall.

Am Freitag, den 18. September, ertönte das Schofar-Horn in allen jüdischen Kultusgemeinden. Warum? Es leitet traditionsgemäß den Beginn des jüdischen Neujahrsfestes Rosch Haschana, wörtlich „Haupt des Jahres“ ein. Denn am Neujahrsabend beginnt eine zehntägige Buß- und Fastenzeit. Dabei spielt das tägliche Blasen des Schofars eine wichtige Rolle: Sein Klang soll die Juden aus ihrer religiösen Gleichgültigkeit reißen und sie an Gott erinnern, den gerechten und barmherzigen Schöpfer und Richter. Umgekehrt ist es auch ein Ruf an Gott, ihre Gebete zu erhören.

Hinter dieser Bußzeit verbirgt sich folgende Vorstellung: Während der ersten zehn Tage des neuen Jahres tagt das göttliche Gericht. Auf dem Richterstuhl vor Gottes Thron wird das Buch des Lebens aufgeschlagen. In dieses Buch wird das Schicksal jedes Menschen für das neu beginnende Jahr eingetragen. Die Entscheidung fällt am Jom Kippur, dem großen Versöhnungstag. Deshalb wünscht man sich am Neujahrstag: „Zu einem guten Jahr mögest du (ins Buch des Lebens) eingeschrieben werden!“ Oder man taucht ein Apfelstückchen in Honig und spricht den anderen zu: „Möge dieses Jahr so süß sein wie der in Honig getauchte Apfel!“

Der Jom Kippur, der „große Versöhnungstag“ (dieses Jahr am 27. und 28. September), ist der Höhepunkt der zehntägigen Bußzeit. Es ist der heiligste Feiertag des Jahres und ein strenger Fastentag. Man verbringt ihn bis zum Sonnenuntergang in der Synagoge. Auch viele säkulare Juden sind an diesem Tag anwesend. Das gemeinsame Leitmotiv ist die Reinheit, was sich auch äußerlich in der Bekleidung ausdrückt: Die Männer tragen anstelle der üblichen schwarzen Kopfbedeckung eine weiße Kippa und weiße Gewänder („Kittel“). Damit bekunden sie das Verlangen, rein zu werden. Das mehrfach gesprochene Sündenbekenntnis und die Bitte um Gnade stehen im Mittelpunkt des Gottesdienstes.

Die Lesungen aus der Tora betreffen die Kultusgebote Gottes für die Reinigung der Gläubigen. Darunter ist auch die Anweisung zu finden, einen lebendigen Bock, bepackt mit den Missetaten der Israeliten, in die Wüste zu schicken (3. Mose, 16, 20-22). Daher kommt der Ausdruck „Sündenbock“.

Bei Sonnenuntergang wird das Abschlussgebet gesprochen. Und Jom Kippur endet mit dem Ruf des Schofar.